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Satire

DER AMIGA-FAN

Jaja, wer den Schaden hat, braucht fuer den Spott nicht zu sorgen. Und das koennen einige andere bemitleidenswerte Zeitgenossen bestaetigen: Die Amiga-User. Nun, was unterscheidet diese Menschen von ganz normalen Menschen? Die Antwort ist einfach: Sie sind auf die Werbesprueche von Commodore hereingefallen. Das allein waere ja noch verzeihlich. Sie haetten ja das Recht, dieses 'Ding' (die Bezeichnung Computer waere hier unangebracht) innerhalb von 24 Stunden in den Laden zurueckzubringen wegen unlauteren Wettbewerbs, weil es nicht tut, was angepriesen worden war.

Da spricht man vom Einstieg in die MS-DOS Welt. Nun, man will sich ja nicht lumpen lassen und kauft gleich einen Amiga 0; der sieht ja schon fast aus, wie ein MS-DOS Rechner. Gleich den MS-DOS Emulator besorgt, und schon sieht man im nicht entspiegelten Monitor ein Gesicht von bestechender grafischer Aufloesung. Hat die Werbung doch nicht zuviel versprochen? Nein, es ist das eigene Gesicht, und es wird immer laenger, weil der Emulator nicht laeuft. Er stuerzt einfach ab. Kein Guru, kein nichts. Nach einiger Nachforschung kommt der Grund zum Vorschein: Er laeuft nur auf den 500er und 1000er Modellen. Sind sie also doch inkompatibel? Nein, der 0er hat Slots, und man soll sich doch als Amiga 0-Besitzer gefaelligst die PC-Karte kaufen. Aber die kostet ja nochmal 1000 DM fuer einen laeppischen PC. Fuer das Geld der PC-Karte allein kann man sich ja einen PC kaufen.

Der Emulator waere theoretisch auch auf dem Amiga 0 lauffaehig, aber da ist eine Software-Sperre eingebaut. Und es findet sich kein Amiga-User, der Programmierkenntnisse genug hat, um die Sperre rauszubauen - ja es findet sich kein Amigo, der UeBERHAUPT Programmierkenntnisse hat. Aber was soll's, sagt sich der frustrierte Amigo, ich will meine Kiste jetzt mit einer billigen PC-Harddisk ausruesten, wozu habe ich einen PC-Bus, damit ist ja auch geworben worden. Karte eingesteckt und: ... Nichts. Warum klappt das denn auch nicht? Der Grund ist auch hier einfach: Der PC-Bus ist zwar da, aber nicht angeschlossen. Zwar werden die Karten mit Strom versorgt, aber das ist auch schon alles. Keine Daten, keine Adressen, kein nichts. Die kommen von der PC- Karte, die daher auch wohlweislich Brueckenkarte heisst. Sie ueberbrueckt naemlich nicht die Kluft zwischen PC und Amiga, sondern nur zwischen PC-Bus und Amiga-Bus.

Aber das macht ja nichts, dafuer ist die Power LED vorne softwaremaessig programmierbar. Ist das etwa nichts? Und daneben ist noch die Harddisk LED. Sie ist aber nicht angeschlossen. Erst wenn man sich eine Harddisk kauft, wird sie angeschlossen.

Um also seinen Rechner (...) bis zum Limit ausnutzen zu koennen, wird eine Harddisk gekauft. Um von vornherein keine Probleme heraufzubeschwoeren, muss eine Original Commodore Harddisk her. Aber der Einbau gestaltet sich nicht so einfach. Nicht nur, dass die Betriebssystem-ROMs ausgewechselt werden muessen, nein, nach Zusammenbau laut Anleitung geht nichts.

Also, alles nochmal geprueft, aber immer noch nichts. Jetzt geht's ans Raten. Strom ist da. Bleibt der Verbindungsstecker. Drehen wir ihn mal um. Wohlgemerkt, jetzt ist er laut Handbuch verkehrtrum, aber weniger als nichts kann nicht gehen. Den Netzschalter geschaltet, und siehe da: Jetzt geht sie. Haben wir vielleicht ein Merkblatt uebersehen, das auf den Fehler hinweist? Nein. Aber egal jetzt geht's. Fast. Die gruene Harddisk-LED, wegen derer wir die Harddisk hauptsaechlich gekauft haben (von aussen sieht man die HD nicht), bleibt dunkel. Vielleicht auch hier der Stecker falschrum? Nein, auch andersherum geht's nicht. Vielleicht ist die LED kaputt? Nein, nach vertauschen mit der (programmierbaren) Power-LED leuchtet's vorne gruen. Fazit: Das Kabel ist sinnlos, es liegt nix an. Vielleicht dient es ja auch als Antenne fuer eine spaetere Erweiterung zum Empfang von Fernsehprogrammen. Die Entwickler haben sich halt ein Hintertuerchen offengehalten.

Dass das Formatieren der Festplatte eine halbe Stunde dauert, faellt nach diesen Misserfolgen ueberhaupt nicht ins Gewicht.

Da geht eine frohe Kunde uebers Land: Das neue Kickstart ist da. Woher der Name Kickstart? Nun, das Geruecht sagt, dass die Entwickler den Prototyp immer treten mussten, damit Leben in die Kiste kam, eine Eigenschaft, von der boese Zungen behaupten, dass sie einige seiner Nachfahren geerbt haben. Doch zum neuen Kickstart:

Der neue Amigo ist begeistert und besorgt sich dies, bootet, und alles scheint zu klappen. Doch ploetzlich erscheinen garstige Worte auf dem Rasierspiegel, Worte wie 'Medium nicht ansprechbar' oder 'Datenverlust'. Ist das neuerworbene Prunkstueck etwa schon defekt? Schnell zum Haendler gefahren, doch der kennt das Problem: Das neue Kickstart arbeitet noch nicht mit der Harddisk zusammen, man solle doch abwarten, die Harddisk formatieren, und wieder das alte Kickstart benutzen. Gottseidank sind ja keine wertvollen Daten auf der Harddisk, was uns zur Frage fuehrt: Gibt es ueberhaupt wertvolle Daten auf dem Amiga? Die Antwort fuehrt uns zu einem klaren Jein.

Denn es gibt ja so viele tolle Grafikdemos. Das will der neue Amigo auch gerne koennen. Wozu hat er denn eine so tolle Grafikmaschine (ich vermeide hier bewusst den Term Computer) wenn nicht fuer Grafik. Aber wie bringe ich die Bilder auf den Bildschirm?

Ein Digitizer ist zu teuer, die Harddisk hat das Taschengeldkonto zu stark strapaziert. Aber wozu wird mit jedem Geraet ein Digitizer mitgeliefert? Er besteht aus zwei Teilen: 1. der Maus, und 2. dem Monitor. Und wie soll das gehen? Man bringt den zu digitalisierenden Gegenstand in die Naehe des Monitors, und sobald man ihn auf der Mattscheibe, d.h. Spiegelscheibe sieht, faehrt man einfach die Umrisse nach. Es empfiehlt sich aber, zunaechst 'Malen nach Zahlen' zu ueben, man tut sich dann leichter. Bei dem Amigo kommen erste Zweifel auf, hat er vielleicht doch den falschen Rechner gewaehlt?

Nein, hat er nicht, denn sogar SAT 1 hat sich einen Amiga zugelegt. Damit wird jetzt der 'Goldene Schuss'-Nachfolger 'Superball' durchgefuehrt. Und dabei kommen auch die ueberlegenen Grafikfaehigkeiten des Amiga voll zur Geltung. Das Spiel geht so: Ein Ball (Sprite) rollt nach Norden, und muss dabei Autos ueberholen (auch Sprite). Aber der Ball koennte einem 8-Bitter entsprungen sein, und er rollt nicht mal, sondern er scheint zu gleiten. Und die Autos scheinen aus der DDR zu kommen, denn es sind alles die gleichen Modelle, nur in einer anderen Farbe. Wenn er schlielich ein Auto beruehrt, wird das Spiel eingefroren. Kein Knall, kein Ton, keine Verformung, einfach Standbild. Und da das ganze nach Zeit geht, muss der Moderator, wenn er das Spiel startet, gleichzeitig einen Mausknopf und die Stoppuhr druecken. Aber, kann man nicht dem Computer die Stoppuhr anvertrauen, schliesslich ist er fuer solche stupide Taetigkeiten geschaffen? Der Amiga kann doch Multitasking?

Jetzt ist der Moment gekommen, wo der Amiga-User mitleidig beginnt, den Kopf zu schuetteln; denn schliesslich weiss ja jeder, dass dann die Rechenzeit gleichmaessig auf beide Prozesse verteilt wird. Damit waere 'Superball' dann nur noch halb so schnell, und somit zu leicht zu schaffen. Logisch, oder? Aber dafuer ist 'Superball' Gratiswerbung fuer Commodore, denn bei der Erklaerung des Spiels wird dick und fett 'Commodore Amiga' eingeblendet. Und das ist doch auch was. Ich hege dabei den Verdacht, dass die Werbung nicht von Commodore, sondern von Atari stammt, denn 'Superball' kann man beim besten Willen nicht als Werbung bezeichnen. Das Spiel haette auf einem TI 99/4A besser realisiert werden koennen.

Aber der ist ja nicht eine 'Werkbank fuer kreative Menschen'. Und wo sonst gibt es Kopierprogramme, die mit Digitalbildern und Digitalsound begeistern, und dabei den Arbeitsspeicher fuellen, so dass man beim Kopieren andauernd Disketten wechseln muss? Man muss eben pro und contra abwaegen, und dann Prioritaeten setzen.

Das traurige dabei ist, da Amiga-User uneinsichtig sind. Denn wenn der (... Zeile vom Leitungsrauschen bei der Uebertragung gefressen worden; Anm. d. Red. ...) buchstaeblich alleine da. Und zum Wegwerfen ist er schliesslich zu schade. (dabei faellt mir ein, ich habe auch noch irgendwo ein 2600 liegen...) Und ausserdem ist es schwer, eine Fehlentscheidung einzugestehen. Da ist es verstaendlich, dass man die Tatsache, ueber's Ohr gehauen worden zu sein, damit zu verdecken versucht, seine 'Investition in die Zukunft' als das ultimate Geraet darzustellen --- Doch die Freude an den Grafikdemos ist schnell verflogen. So kommt man zu der Reihenfolge: 500, 1000, 0, 2600; Denn sie alle kommen von denselben Entwicklern, und die Zahlen muessen ja irgendwas aussagen.

Irgendwann kommt dann der Zeitpunkt, wo man selber auch mal programmieren moechte. Alle machen Modula oder Pascal oder C. Basic ist tot. C muss her. Man tippt die ersten Beispielprogramme ein und: Hurra, es klappt. Zwei Pulldown- Menues, und sie funktionieren. Schnell auf drei erweitert, und: ... Absturz ... Guru ... Woran liegt's? Kein Fehler zu finden. Alles richtig programmiert. Ein C-Freak wird geholt (natuerlich aus der Atari-Gemeinde, denn es fand sich kein Amiga-Freak, der C konnte), aber auch er befindet das Programm fuer fehlerfrei, und das Handbuch gibt auch keine Hinweise. So wissen wir bis heute nicht, ob der Fehler im Betriebssystem, dem Compiler, dem Linker oder beim Programmierer zu suchen ist. So ergoetzt man sich weiterhin an Grafikdemos, redet sich ein, den besten Computer gekauft zu haben, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.

Diese Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten und den Erfahrungen eines Amiga Users, der auch ganz umgaenglich ist, solange man nicht von seinem Computer spricht. Tut man das, bricht er in hemmungslose Weinkraempfe aus, und soweit ich weiss, ist er noch immer in psychatrischer Behandlung.

(nobi)

 

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